Monatsarchiv: Oktober 2008

Radiobeitrag: Die Studententüte

Ich war heute im Studentenradio und habe einen Kommentar zur aktuellen Studententüte eingesprochen. Hier könnt ihr ihn schon jetzt lesen und vor allem hören (Ausstrahlung dann Dienstag ab 18 Uhr auf Radio UNiCC).

Es ist zu jedem Semesterstart das gleiche Bild: Hunderte Studenten drängen sich um einen kleinen Stand vor der Mensa. Hier muss es irgendwas umsonst geben. Achja genau, die Studententüte. Eine mit Werbung bedruckte Papiertüte mit – ja richtig – noch mehr Werbung drin. Zwischen Flyern und veralteten Zeitschriften können Tütensuppen und abgepackte Salatkräuter schon als Highlight gelten.

Obgleich jeder Student weiß, dass zusammen mit der Gratistüte praktisch nichts Brauchbares verschenkt wird, stellen sich doch alle, Jahr für Jahr, Semester für Semester aufs Neue in die Schlange um eine Tüte zu ergattern. Sind die Studenten denn blöd? Völlig der Abgreifmentalität verfallen? Süchtig nach Tütensuppen und Salatkräutern?

Diese Einsicht wird unter Umständen relativiert wenn man den gemeinen Studenten nach dem Erhalt der Werbetüte genauer beobachtet. Die meisten haben mit steigender Semesterzahl ein ausgeklügeltes System entwickelt, die wenigen brauchbaren Mitbringsel vom übrigen Werbemüll zu trennen. Da wird die Pflegelotion herausgefischt, der nächste packt das Gratis-Deo in seine Umhängetasche und der Dritte hält die Demo-CD eines Onlinerollenspiels prüfend in den Händen. Mit flinken Fingern wird befühlt, sortiert und ausgewählt. Zurück bleibt Sekunden später nur die zerrissene Papiertüte mit einem Stapel Flyern und veralteten Zeitschriften. Die gesamte Entkernung hat weniger als eine Minute gedauert. Vom Standpunkt des Recyclings her ist die Methode perfekt: Altpapier zu Altpapier, Lebensmittel und Pflegeprodukte in die heimische WG. Die Studenten – so muss der Betrachter selbstkritisch eingestehen – sind doch ganz schön schlau.

Viel Spaß beim Hören!

Schwimmbad mit Charme

Am Rande des Campus und nur ein paar Schritte Fußweg von meiner WG entfernt befindet sich die Schwimmhalle Bernsdorf. Der schmucklose Betonbau aus dem Jahr 1969 lädt von außen nicht gerade zum fröhlichen Planschen ein – aber ich suche ja auch keinen Wellness-Tempel, ich will bloß ein paar Bahnen schwimmen. Als ich durch die gläserne Schiebetür trete, erstmal Verwirrung. Links kann man in das Büro des Bademeisters gucken, geradeaus geht es zum Münzsolarium, rechts ein Gang mit orangefarbenen Plastikstühlen.

„Wollen Sie hier schwimmen gehen?“, spricht mich eine Frau mit Kaffeebecher in der Hand an. Als ich bejahe schließt sie den Kassenraum auf, den ich bisher übersehen habe. „Macht ermäßigt Ein-euro-zwanzig. Schuhe dann bitte hier draußen ausziehen.“ Günstig ist es also schonmal, denn wo kann man bitte noch für 1,20 Euro zeitlich unbegrenzt schwimmen? – Die Schuhe, ja richtig. Gegenüber der Plastiksessel, auf die sich die Kassiererin nun wieder gemütlich gesetzt hat, befindet sich in einem Holzregal Platz für meine Sneakers. Auf Socken geht es in die Herrenumkleide, einen hohen gekachelten Raum mit jeder Menge Schränken. Wenn hier alle belegt sind, dann ist es im Schwimmbad sicher brechend voll. Im Waschraum mahnt ein Schild: „Duschen bitte ohne Badebekleidung.“ Ich passe mich den regionalen Gebräuchen an und ziehe meine Badehose aus…

Drinnen dann die Überraschung: Es gibt kein Kinderbecken und keine Liegestühle. Stattdessen ein 25-Meter-Becken mit fünf Bahnen und Betonbänke für die Handtücher. An den Wänden quer zum Becken befinden sich zwei Uhren: Am einen Ende mit Stunden- und Minutenzeiger, am anderen Ende mit hektischem Sekundenzeiger. In der Ecke der Halle kündigt ein Siegertreppchen vom Sportsgeist, der hier von Zeit zu Zeit Einzug hält. Ich steige über die Treppe an der Fensterfront ins Becken und beginne zu Schwimmen. Neben mir krault ein Schwabbelbauch vorbei. Auch sonst scheint das Bad an diesem Morgen um kurz vor zwölf fest in der Hand der Generation 50plus zu sein. Klar, wer hat sonst auch Zeit außer Studenten und Rentnern.

Der Bademeister dreht die Musik in seiner Kabine etwas lauter: Ambitionierte Gitarrensolos mit Jazz-Einschlag hallen über die Wasseroberfläche. Gediegene Popmusik. Mein Blick wandert zur Decke. Dort ist ein engmaschiges Netz über die gesamte Länge der Halle aufgespannt. Normalerweise hält man so Vögel vom Sturzflug ab – hier soll das Netz die Badenden vor den etwa 50x50cm großen Deckenblatten, von denen einige schon morsch herabhängen, schützen. Eine günstige und doch wirksame Methode. Ich schwimme nach vorne bis zum Ende der Bahn. Die Ränder des Beckens sind aus Kieselsteinbeton gegossen, der sich rau unter den Händen anfühlt. Auf längeres Verweilen macht er keine Lust – dann lieber weiter schwimmen.

Um zwölf verlasse ich das Becken, genug für heute. Nach dem Duschen am Fön dann die Überraschung: Man kann laut Aufkleber noch mit zehn Pfennig-Stücken bezahlen. Das hat Charme – vielleicht haben die Bäderbetriebe aber auch einfach die Euro-Umstellung verschlafen. Opfer der Sparsamkeit sind in jedem Fall die Öffnungszeiten, die sich auf Montag, Donnerstag und Freitag um die Mittagszeit beschränken. Beim Hinausgehen frage ich die Frau an der Kasse, wie das hier früher war. Hatte das Schwimmbad länger offen? Sie überlegt kurz und sagt dann kopfschüttelnd: „Früher ist doch vorbei. Unsere jetzigen Öffnungszeiten, das ist alles was zählt.“

Kühlschrank reinigen für Dummies

Gleich nach meiner Ankunft in Chemnitz warf ich einen Blick in unseren WG-Kühlschrank. Zuerst dachte ich: „Ok, er ist leer aber wenigstens nichts verschimmelt.“ Da hatte ich allerdings noch keinen Blick in das Gemüsefach geworfen… Dort war in meiner Abwesenheit nämlich unversehends ein neuer Mitbewohner mit Namen Aspergillus niger eingezogen und hatte sich Paprika, Salat und Tomaten einverleibt. Ich will nicht in ekligen Details schwelgen: Der Schimmelpilz war drauf und dran sich auszubreiten. Also habe ich rasch Gegenmaßnahmen ergriffen und bin dem Guide „Kühlschrank reinigen für Dummies“ gefolgt:

Schritt 1: Den Befall feststellen. Gut das hätten wir schonmal erledigt. Schimmelpilz-Fetischisten muss ich an dieser Stelle enttäuschen, ich werde keine Fotos von diversen grünen und schwarzen Pilzsporen hier veröffentlichen. Gibt es aber in diversen ‚einschlägigen Foren‘ im Internet.

Schritt 2: Einen geeigneten Reiniger finden. In unserer WG standen „Bright & Shiny“ und „DanKlorix“ zur Wahl. Letzterer ist noch von meinem Vormieter und kam mir irgendwie ominös vor: Die Silbe ‚Klo‘ deutete auf eine Reinigungswirkung im Toilettenbereich, aber angeblich wird mit der streng nach Chlor riechenden Flüssigkeit auch Wäsche blendend weiß. Auf der Rückseite dann ein warnendes Logo: Achtung reizend!
Ich habe mich doch für den vertrauten Allzweckreiniger entschieden, der mir weniger aggressiv schien. Immerhin sollen im Kühlschrank hinterher wieder Lebensmittel gelagert werden – und gebleichte Paprika mit Schwimmbad-Geruch konnte ich mir irgendwie schlecht vorstellen.

Schritt 3: Gläserne Zwischenplatten und Halterungen in der Tür nach Möglichkeit herausnehmen. Das gewählte Reinigungsmittel auf einen Lappen geben. Den Kühlschrank von oben nach unten auswischen (wegen der Krümel die dabei ebenfalls nach unten fallen). Kurz warten, dann mit feuchtem Tuch nachwischen – soll ja hinterher nicht alles nach dem Trendduft „Ocean“ schmecken… Kurz warten bis der Kühlschrank getrocknet ist. Unverschimmelte Lebensmittel wieder einräumen. Fertig…puuh!

Rückkehr nach Chemnitz

Gestern abend bin ich mit dem Vogtlandexpress zurück nach Chemnitz gekommen. Mit mir spuckte der Zug eine ganze Menge weiterer Studenten aus und so warteten wir gemeinsam auf dem kahlen  Chemnitzer Bahnhofsvorplatz auf die Tram Nr. 4 in Richtung Zentralhaltestelle. Und wieder war es ein merkwürdiges Gefühl dort zu stehen. Vielleicht kennen einige von euch das Gefühl auch: Du bist zwar ausgestiegen, aber hier nicht zu Hause. Auch nach vier Jahren in dieser Stadt ist das Gefühl nach dem Aussteigen immer noch das Gleiche…

Gut also dass ich in einer gemütlichen WG wohne, wo mir der Übergang von Berlin zu Chemnitz leichter gelingt als auf dem Bahnhofsvorplatz. Naja ok, diesmal war die Wohnung dunkel und eiskalt – meine Mitbewohnerin verweilt noch in den Semesterferien (sei ihr gegönnt). Der erste Zustand der Wohnung liess sich jedenfalls mit einem Druck auf diverse Lichtschalter leicht beheben – die Heizung blieb aber kalt, obwohl ich voll am Rad drehte…äh…den Regler verschob! Übernachtung also mit dickem estnischen Pullover, auch nicht so schlimm. Wenn es keine Heizung gäbe würde ich das glatt jeden Tag machen!

Es gibt aber eine Heizung und das habe ich auch dem Hausmeister erzählt. Der hat zwar zuerst etwas verwundert geguckt, aber sich dann doch darum gekümmert. Jetzt bollern die Heizkörper aus vollen Rohren und ich sitze in Badehose vorm Laptop und fächere mir mit den Werbeprospekten die sich in meiner Abwesenheit angesammelt haben, eifrig Luft zu. Ich glaube so langsam kann ich es doch sagen: Chemnitz, ich bin angekommen.